Die Schulen bleiben vorerst geöffnet
Am 13. Januar hat der Bundesrat neue Massnahmen für die Bekämpfung des Coronavirus beschlossen. Schulen sind von den Verschärfungen jedoch nicht betroffen. Ob das so bleibt oder ob wie im Frühling zum Homeschooling gewechselt wird, ist derzeit noch ungewiss.
Heiden Noch wird der Präsenzunterricht an den obligatorischen Schulen in den Kantonen durchgeführt. Susann Metzger, Präsidentin der Schule Heiden, gibt im Interview Auskunft darüber, wie die Stimmung in den Klassenzimmern derzeit ist und weshalb sie es für richtig hält, die Schulen weiterhin offen zu lassen.
Frau Metzger, wie ist die aktuelle Stimmung in den jeweiligen Schulhäusern in Heiden?
Susann Metzger: Grundsätzlich gut. Mit all den vielen Vorschriften und Umständen haben sich inzwischen alle gut organisiert. Unruhe bringen neue Verordnungen oder wenn umdisponiert werden muss. So zum Beispiel die Absage von Skilagern. Der zusätzliche Aufwand für Schulleitung, Lehrpersonal und Hauswarte ist während dieser Zeit nicht zu unterschätzen. Aber wir werden vom Kanton sehr gut informiert. Die Schutzkonzepte stehen und bewähren sich. Zum Teil ist die Stimmung etwas angespannt, wegen der Unsicherheit, ob nun doch noch auf Fernunterricht umgestellt werden muss.
Schutzkonzepte werden praktisch überall verlangt. Auch in den Klassenzimmern. Wie sehen diese zurzeit in den Schulhäusern in Heiden aus?
Lüften, lüften und nochmals lüften. Und das Händewaschen und Reinigen sind ständige Begleiter. Dementsprechend sind Hauswarte ebenfalls stark beansprucht. Des Weiteren tragen alle erwachsenen Personen im Schulhaus eine Maske. Es besteht auch die Möglichkeit, wenn der Unterricht dies erfordert, hinter einer Plexiglasscheibe ohne Maske zu sprechen. In den Primaschulhäusern haben wir getrennte Pausen von Basisstufe und Mittelstufe. Und in der Oberstufe gilt Maskenpflicht für Lernende und im Treppenhaus gibt es Einbahnverkehr. Teambesprechungen finden in kleineren Gruppen oder online statt, genauso wie auch Elternabende online oder per Video stattfinden. Elterngespräche werden natürlich auch mit Maske und dem gebotenen Abstand gehalten.
Und was haben diese Sicherheitsanpassungen die Schule Heiden gekostet?
Wir haben viel in Plexiglasscheiben investiert, um ein sorgenfreies Lernen zu ermöglichen. Des Weiteren stellen wir den Oberstufenschülern Masken zur Verfügung. Alle Coronamassnahmen kosten uns rund 30 000 Franken. Stellvertretungen sind dabei nicht eingerechnet. Und auch wie viel die zusätzlichen Heizkosten zu Buche schlagen, ist noch offen.
Und mit diesen Ausgaben für die Schutzkonzepte in den Schulhäusern kann die Schule Heiden den Schutz vor weiteren Ansteckungen gewährleisten?
Ich glaube nicht, dass in der heutigen Zeit jemand etwas gewährleisten kann. Man weiss ja immer noch nicht alles über das Coronavirus. Aber so, wie es bis jetzt aussieht, hat sich das Schutzkonzept in der Schule bewährt. Von rund 450 Lernenden und 60 Mitarbeitenden waren nur sehr wenig positiv getestet worden.
Apropos Schutz: Unter dem Lehrpersonal gibt es Risikopersonen. Wie sorgen Sie für deren Schutz?
Die Risikopersonen werden individuell geschützt, denn sie wollen alle weiterhin vor Ort unterrichten.
Also kam es nie zu Engpässen beim Unterrichtspersonal?
Bis jetzt sind wir nicht in Bedrängnis geraten, nein. Wir haben zum Glück sehr flexible Mitarbeitende. Wenn eine Lehrperson ausfällt, springen andere ein und leisten Mehrarbeit. Ich schätze diese unkomplizierte Art sehr und bin dankbar für unsere engagierten Lehrpersonen. Ausserdem hilft es auch, dass wir sehr viele Teilzeitangestellte haben. So ist eine Aushilfe einfacher zu organisieren.
Seit Montag ist in der Schweiz wieder ein Shutdown im Gange. Geschäfte, die keine Waren des täglichen Bedarfs verkaufen, müssen schliessen. Die Schulen bleiben allerdings offen. Ergibt dies Sinn?
Ob das sinnvoll ist, dass Geschäfte schliessen müssen, kann ich nicht beurteilen. Ich bin keine Corona-Fachspezialistin und vertraue somit auf das Handeln des Bundesrates. Studien haben gezeigt, dass die Schule kein Treiber vom Virus ist. Auch aufgrund der Zahlen, welche wir wöchentlich für den Kanton erheben, sind nur vereinzelte Fälle zu verzeichnen. Ich jedenfalls bin sehr froh für die Schule, wie auch für die Kinder, dass Primar- und Oberstufenschulen offen bleiben und ein halbwegs normaler Präsenzunterricht stattfinden kann.
Zwar gelten jüngere Kinder nicht als Treiber der Pandemie, aber wissenschaftlich geklärt ist dies noch nicht. Wären also die Schulen geschlossen, würden sich die Kinder weniger bewegen. Die Kontakte würden sich dadurch noch mehr reduzieren. Insofern wären Familien einer Gefahr weniger ausgesetzt. Damit könnte noch mehr zu weiter sinkenden Infektionszahlen beigetragen werden. Klingt dies nicht sinnvoll?
Sehen Sie sich die Bilder der Skiorte vom Wochenende an. Ich denke nicht, dass der Bewegungsradius einzelner Menschen nach einer Schulschliessung kleiner sein wird. Ich glaube im Frühling hat die Schliessung geholfen, da noch vieles unklar war. Vielen wurde die Tragweite des Virus dadurch bewusster. Jetzt weiss man mehr und muss nicht zu solchen einschneidenden Massnahmen greifen. Wie gesagt: Bis jetzt haben wir nur vereinzelte Fälle von positiven Fällen. Insofern scheint mir eine Schulschliessung nicht zielführend.
Aber geht die Gesundheit Ihrer Meinung nach nicht vor?
Klar geht die Gesundheit vor, aber auch die psychische Gesundheit zählt dazu. Leider haben nicht alle Kinder zuhause dieselben Voraussetzungen, um am Fernunterricht gleichberechtigt mitzumachen. Und welche Auswirkungen langfristige Schulschliessungen haben, will ich mir gar nicht vorstellen.
Was meinen Sie damit?
Stellen Sie sich Kinder vor, für die die Schule ein Zufluchtsort ist. Diese wären bei einer erneuten Schulschliessung den prekären Verhältnissen von zuhause ausgesetzt. Ich denke da an Gewalt, Sucht- oder psychische Probleme der Eltern. Auch wenn wir das nicht gerne sehen und hören: Diese Fälle gibt es mehr als man denkt.
Ist das Vermeiden von Schulschliessungen nicht viel eher damit in Verbindung zu setzen, dass Schulräte, Lehrpersonen und auch Eltern von Kindern mit dem HomeSchooling schlicht überfordert sind?
Auf keinen Fall ? überfordert schon gar nicht. Ich kann hier nur für Heiden sprechen. Wir haben bewiesen, dass dies sehr gut geklappt hat. Unsere Lehrpersonen haben einen enormen Mehraufwand geleistet, um das HomeSchooling aufzugleisen und umzusetzen, in Kontakt zu bleiben oder einen Onlineunterricht durchzuführen. Und auch die Eltern haben das gut gemeistert. Die Kinder haben sich selber ebenfalls engagiert und waren dann aber auch sehr froh darüber, dass sie wieder in die Schule durften.
Apropos Eltern: Es soll auch Eltern geben, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken wollen. Welche Erfahrungen machen Sie da in Heiden?
Bei uns schicken die Eltern die Kinder gerne zur Schule. Wenn ein Kind krank ist oder wegen den Eltern in Quarantäne ist, wird es mittels Fernunterricht individuell beschult.
Die neue Virus-Mutation aus Grossbritannien führt nach aktueller wissenschaftlicher Einschätzung zu deutlich mehr Ansteckungen. Aufgrund dieser Virus-Variante wurden in Frauenfeld bereits drei Oberstufenklassen in Quarantäne geschickt. Ein Vorbote für das, was allen Schulen blüht?
Ich hoffe natürlich nicht. Bis jetzt greifen die Schutzkonzepte in der Schule Heiden.
Von Marino Walser