Kolumne
Ungerecht und ohne Logik
Nun also doch: Der Schweizer Sonderweg ist mit der bundesweiten Verschärfung der Massnahmen Geschichte. Und das ist gut so. Denn weltweit wurde unser Tun belächelt und auch mit Staunen beobachtet. Das Schlimme daran: Die rekordhohe Anzahl an Infizierten in unserem Land gibt den Beobachtern recht.
Nun aber, so könnte man meinen, ist Schluss mit dem Verwirr- und Ratespiel, welche Massnahmen in welchem Kanton gelten und welche nicht.
Doch weit gefehlt: Das Ratespiel wurde nun auf die gesamte Schweiz ausgedehnt. Denn der Schweizer Shutdown ist nicht nur ungerecht, er lässt auch jegliche Logik vermissen.
Dass Lebensmittelläden, Apotheken, Arztpraxen und beispielsweise auch die Post in einer Krisensituation ihre Türen offen halten müssen, scheint mir logisch. Unlogisch hingegen scheinen mir Regelungen, wie beispielsweise, dass in einem grossen Warenhaus Güter ab-gedeckt werden müssen, dienicht dem täglichen Bedarf entsprechen. Denn der Konsument steht ja bereits davor und kann somit auch das Virus weiterverbreiten.
Und auch dass Blumenläden o.ä. offen bleiben dürfen, kommt mir unlogisch und alles andere als konsequent vor. Verstehen Sie mich nicht falsch: ich will niemanden, der seinen Lebensunterhalt mit Blumen erwirtschaftet, diskreditieren. Der Blumenladen dient lediglich als Beispiel, welches zeigen soll, dass ein einheitliches Krisenmanagement anders aussehen sollte. Abgesehen davon hätten Blumenläden bzw. deren Besitzer mehr davon, wenn sie Kurzarbeit anmelden könnten, anstatt im leeren Laden zu stehen, wenn die Laufkundschaft ja ohnehin ausbleibt.
Des Weiteren ist das Sondersetting, welches die Schweizer Skigebiete erhalten, mehr als ungerecht gegenüber anderen Freizeitbetrieben. Erst recht, wenn laut Epidemiologen auch dort ein Restrisiko weiterer Ansteckungen besteht.
Und last but not least fehlt noch immer ? und von diesem Problem wusste man schon lange - ein überzeugendes Konzept für die Schulen. Denn was nützen geschlossene Läden mit Waren des nicht täglichen Bedarfs, wenn eine stattliche Anzahl an SchülerInnen im Öffentlichen Verkehr und in Schulen mit dem Virus Ping-Pong spielen und dieses nach Hause zu den Eltern und Grosseltern schleppen?
Dass die Massnahmen ? auch in Anbetracht des mutierten Virus ? verschärft werden mussten, war unausweichlich. Doch der Bundesrat hat es wieder einmal nicht geschafft, ein einheitliches Krisenmanagement zur präsentieren. Es gilt somit, so rasch wie möglich Anpassungen zu machen, und einen «fairen» Shutdown sicherzustellen.
Marino Walser