Die Chefin
Beatrice Mock vom Verein Schlofftheater in Rorschach
Flüchtlinge oder vorläufig aufgenommene Personen sollen möglichst schnell in die Arbeitswelt integriert werden. Im LernEtwas in Rorschach werden sie zum Beispiel mit Kursen in Handwerk und Sprache darauf vorbereitet. Sind sie bereits in der Ausbildung, werden sie im Betreuten Lernen/ in der Hausaufgabenhilfe unterstützt, sodass sie ihre Lehre auch erfolgreich abschliessen.
Rorschach Der Zweck des Vereins LernEtwas ist es, Menschen mit Fluchthintergrund, deren Betreuung und Integration von den sozialen Diensten der Region organisiert wird, dabei zu unterstützen, sich eine berufliche Zukunft aufzubauen. Viele der Flüchtlinge oder vorläufig aufgenommenen Personen werden daher von ihren Repas-Coaches vom Trägerverein Integrationsprojekte St.Gallen (TISG) im LernEtwas in Rorschach für Kurse angemeldet. Toni Ziltener gibt hier Kurse in Handwerk und Sprache, Ariane Thür Wenger lehrt Mathematik und bietet gemeinsam mit Claudia Seyfried das Betreute Lernen/die Hausaufgabenhilfe an und Roger Aepli unterrichtet Informatik. Die Kosten für die Kurse werden im Rahmen der Integrationsagenda, auf welche sich Bund und Kantone im Jahr 2019 geeinigt haben, finanziert. Es steckt aber auch viel Herzblut der Lehrpersonen des LernEtwas darin. «Die Arbeit ist eine Bereicherung. Wir können wirkungsvoll unterstützen und dazu beitragen, dass ein Ausbildungsplatz gefunden und schlussendlich ein Lehrabschluss erreicht wird», so Ariane Thür Wenger.
Das LernEtwas in Rorschach gibt es seit 2018. Damals habe es nur sehr wenige Massnahmen, die die Menschen mit Fluchthintergrund auf einen Ausbildungsstart vorbereiteten, gegeben, erzählt Ariane Thür Wenger. Aus dieser Mangelsituation wuchs die Idee, einen Verein zu gründen, der eben diesen Flüchtlingen oder vorläufig aufgenommenen Personen dabei hilft, sich rascher in die Arbeitswelt und somit in die Gesellschaft zu integrieren. Im Kanton St.Gallen ist der Trägerverein Integrationsprojekte St.Gallen (TISG) die Koordinationsstelle. Im Auftrag aller 75 Gemeinden des Kantons erfüllt der TISG Aufgaben in der Unterbringung, Betreuung sowie der sozialen und beruflichen Integration von Flüchtlingen. Kurse zur Förderung der Integration dieser Menschen mit Fluchthintergrund werden im Rahmen der Integrationsagenda vom Bund finanziert. «Inzwischen gibt es sehr viele Angebote, die Wirkung zeigen. Im LernEtwas ging es anfangs vor allem um die arbeitsplatznahe Sprachförderung. Später haben wir erkannt, dass auch Mathematik und Informatik wichtige Pfeiler sind und das Angebot ergänzt», erklärt Ariane Thür Wenger. Sie ist ehemalige Oberstufenlehrerin und gibt Mathematikkurse im LernEtwas, aber das ist noch lange nicht alles. «Als die ersten, welche wir betreut hatten, dann einen Ausbildungsplatz gefunden hatten, da kamen Fragen auf, ob wir bei den Hausaufgaben helfen könnten», erinnert sich Ariane Thür Wenger. Also kamen die Lehrpersonen auf die Idee, ein betreutes Lernen anzubieten, wo den Lehrlingen mit Fluchthintergrund bei den Hausaufgaben geholfen wird. «Wenn man es schon geschafft hat, dass jemand eine Ausbildungsstelle findet, dann möchte man, dass diese Person das auch durchsteht», sagt Ariane Thür Wenger. Aus diesem Grund bietet sie jeden Donnerstagabend die Hausaufgabenhilfe im LernEtwas an und nimmt sich dabei Zeit für die Lernenden, so viel es braucht.
Einen Lehrabschluss in der Schweiz zu schaffen sei für viele Geflüchtete eine sehr grosse Herausforderung, so Ariane Thür Wenger und sie fährt fort: «Jeder Abschluss ist ein grosser Schritt in ein unabhängiges und selbstständiges Leben. Wenn sie es nicht schaffen, dann geraten diese Personen in die Abhängigkeit von der Sozialhilfe und das ist nicht in unser aller Interesse.» Deshalb werden solche Angebote für Menschen mit Fluchthintergrund, wie sie das LernEtwas anbietet, im Rahmen der Integrationsagenda von 2019 auch vom Bund unterstützt. «Mir fällt auch auf, dass die beschleunigten Asylverfahren ebenfalls sehr viel zum Gelingen der Arbeitsintegration beitragen. Früher hatten wir Leute bei uns in den Kursen, die zwei bis drei Jahre lang auf einen Asylentscheid gewartet hatten. Erst danach konnte überhaupt mit der Arbeitsintegration richtig angefangen werden. Die Menschen sassen jahrelang sozusagen 'im Wartezimmer' und waren blockiert. Heute geht es in der Regel sehr schnell. Der Entscheid ist nach wenigen Monaten da und somit kann zügig mit dem Aufbau angefangen werden. Die Menschen bleiben in Bewegung und können schnell beginnen, an ihrer Zukunft zu bauen. Es ist ein Zug, der einfach fährt.»
So einfach ist es nun aber doch nicht, denn alle Unterstützung durch die Lehrpersonen des LernEtwas würde nichts bringen, wenn nicht auch die Geflüchteten mit vollem Elan bei der Sache wären und das selbst wenn das für einen gestanden Familienvater bedeutet, mit Jugendlichen die Schulbank zu drücken. «Wir betreuen regelmässig Familienväter zwischen 30 und 40 Jahren, die sich der Herausforderung einer beruflichen Grundausbildung stellen und unglaublich viel Zeit und Energie für das Erreichen der schulischen Ziele aufwenden – nebst all ihren anderen Verpflichtungen», so die ehemalige Oberstufenlehrerin. Das sei aber auch nötig, denn wer in der Schweiz einen Job will, muss die entsprechenden Zertifikate vorweisen können und die dafür notwendigen Qualifikationen können nur über eine Lehre erworben werden. Auch Ausdauer ist gefragt und Durchhaltewillen. Umso mehr freut es Ariane Thür Wenger, wenn die Lernenden mit Migrationshintergrund erfolgreich so eine Lehre abschliessen. «Letztens habe ich einen ehemaligen Teilnehmer im Zug getroffen und konnte mich mit ihm unterhalten. Er hat vor zwei Jahren eine Lehre erfolgreich abgeschlossen und kann mit dieser Basis seither nun sein Leben selbst gestalten», erzählt Ariane Thür Wenger zufrieden lächelnd.
Von Claudia Eugster.
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