Serien
09.03.2019 06:00
Ich mag TV-Serien. Darum habe ich ein Abonnement bei einem der grossen Anbieter. Unterhaltung ist garantiert. Allerdings kommt mir der Spass immer mehr abhanden. Wegen der Serien. Oder besser gesagt: wegen derer Inhalte. Häufig geht es um Sex. Vor allem um jenen zwischen Teenagern. Das erinnert uns daran, wie wir es in unserer Jugend selber auch gerne gehabt hätten. Das ist nachvollziehbar. Sex lässt sich verkaufen. Auch wenn mich persönlich dann eigentlich am meisten interessiert, welcher Serienstar wo und wie tätowiert ist. Den Rest kennt man ja. Neuerdings geht es aber immer mehr um doch eher triste Themen. Mord und Totschlag. Oder Apokalypse und jene, die sie irgendwie überlebt haben und mit ungebrochenem Lebenswillen auf eine bessere Zukunft hoffen. Oder um jene, die sie eigentlich nicht überlebt haben aber doch auf eine andere Art weiterleben und sich jetzt vorzugsweise von ihren Artgenossen ernähren. Und schliesslich tauchen vermehrt schweigsame Rächer auf meinem Bildschirm auf. Sie setzen sich erbarmungslos für das Gute ein und metzeln alles nieder, was ihnen als zu wenig gut erscheint. Meine Entspannung und Unterhaltung sollen also inmitten von Blutlachen und herumfliegenden Leichenteilen stattfinden.
«Mord und Totschlag zur Entspannung?»
Irgendwie pervers. Offenbar stösst das aber auf allgemeines Interesse, sonst würde es sich ja nicht verkaufen lassen. Dabei sollen uns diese bewegten farbigen Bilder doch helfen, etwas aus der Realität zu entkommen und uns in Traumwelten wiederzufinden. Aber brauchen wir denn Träume aus Entsetzen, Gewalt und Schrecken? Offenbar schon. Vielleicht, weil sie so unrealistisch sind. Einem einsamen blutrünstigen Rächer zu begegnen ist immerhin weniger wahrscheinlicher als der Schrecken, die eigene Arbeitsstelle zu verlieren. Und das Überleben der Apokalypse ist scheinbar tröstlicher als das Chaos im eigenen Leben. Illusion ist eben doch ein guter Ersatz für Erfahrung.
peter.gut@swissregiomedia.ch