Den Ständeratskandidatinnen auf den Zahn gefühlt
Im Kanton St.Gallen findet am Sonntag, 12. März die Ersatzwahl für den frei werdenden Ständeratssitz von Paul Rechsteiner statt. Vier Kandidatinnen stellen sich zur Wahl. Sie haben den Bodensee Nachrichten Rede und Antwort gestanden.
Kanton Am Sonntag, 12. März ist die St.Galler Stimmbevölkerung dazu aufgerufen, einen neuen Ständerat zu wählen. Die vier Kandidatinnen Esther Friedli (SVP), Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP), Barbara Gysi (SP) und Franziska Ryser (Die Grünen) haben den Bodensee Nachrichten einige Fragen zu ihren politischen Zielen und ihrer Person beantwortet.
Die Ständeratskandidatinnen im Interview
Esther Friedli – SVP
Frau Friedli, was ist Ihr politisches «Steckenpferd» und liegt Ihnen besonders am Herzen?
Die Wahrung der Sicherheit und Freiheit von uns Bürgerinnen und Bürger, aber auch unseres Landes. Ich mache Politik, weil ich unsere Heimat liebe. Wir dürfen froh sein, in einem so schönen Land mit einem solch hohen Wohlstand leben zu können.
Was war politisch Ihr grösster Erfolg?
Im Parlament in Bern habe ich erreicht, dass während der Covid-Pandemie die untersten Einkommen
100 Prozent Kurzarbeitsentschädigung erhalten haben. Es war mir ein Anliegen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit tiefen Einkommen genügend Mittel zum Leben haben. Dank meiner grossen Erfahrung in der Gastronomie und der Vertrautheit mit Löhnen im Dienstleistungsbereich konnte ich eine sehr gute Lösung einbringen, die rasch über alle Parteigrenzen hinweg eine Mehrheit fand.
Was sind Ihre politischen Ziele und wie gedenken Sie, diese als potenzielle neue Ständerätin für den Kanton St.Gallen umzusetzen?
Die Ostschweiz und namentlich den Kanton St.Gallen als attraktiven Arbeits- und Wohnort weiterentwickeln ist mein erstes Ziel. Dies will ich erreichen, indem ich mich einsetze, dass die Ostschweiz bei Infrastrukturprojekten im Bereich der Strassen, des öffentlichen Verkehrs, aber auch Bildung, Innovation und Energie berücksichtigt wird. Und dass die Erreichbarkeit nach Westen, aber speziell auch im Grenzverkehr verbessert wird. Als zweites Ziel möchte ich die Stärkung der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger – und zwar in allen Facetten – erreichen. Dies, indem die Asyl- und Migrationsgesetze konsequent umgesetzt werden. Aber auch die Versorgungssicherheit ist zentral: Bauernfamilien müssen genügend Nahrung produzieren können und die Produktion mit einheimischem Strom muss ausgebaut werden.
Als drittes Ziel möchte ich die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Unternehmen stärken. Dabei steht der Abbau von bürokratischen Auflagen und Hürden im Zentrum. Der Bund darf aber auch den Kantonen nicht immer mehr Auflagen machen. Um die Kaufkraft zu stärken, sollen – wo möglich – Steuern und Gebühren gesenkt werden.
Nennen Sie Ihre positivste und Ihre negativste Charaktereigenschaft.
Ich bin bescheiden und mit mir selber leider oft etwas «zu kritisch», manchmal wünschte ich mir da etwas mehr Gelassenheit.
Als was für einen Menschen würden Sie sich beschreiben?
Zurückhaltend und bescheiden, aber immer schlagfertig und humorvoll, das sind wohl meine Charaktereigenschaften. Und bei weisser Schokolade und Himbeeren werde ich immer schwach.
Barbara Gysi – SP
Frau Gysi, was ist Ihr politisches «Steckenpferd» und liegt Ihnen besonders am Herzen?
Gute Lebensbedingungen und genügend zum Leben für alle Menschen in einer intakten Umwelt.
Was war politisch Ihr grösster Erfolg?
Ich habe in Wil als Stadträtin die Langzeitpflege über fünf Gemeinden in einer Gesellschaft zusammengeführt und die Angebote bedürfnisorientiert ausgebaut. National ist es der Gewinn der Pflegeinitiative. Eine gute und sichere Pflege ist für alle wichtig. Ich engagiere mich jetzt auch sehr für eine rasche und gute Umsetzung.
Was sind Ihre politischen Ziele und wie gedenken Sie, diese als potenzielle neue Ständerätin für den Kanton St.Gallen umzusetzen?
Bessere Löhne und Renten, damit die Menschen genügend zum Leben haben. Dies erreichen wir durch höhere Mindestlöhne und bessere Frauenlöhne generell, sowie eine Erhöhung der AHV-Renten und Verbesserungen in der beruflichen Vorsorge. Zudem setze ich mich für höhere Krankenkassenprämienverbilligungen ein – mit der Prämienentlastungsinitiative oder einem sehr guten Gegenvorschlag. Ausserdem strebe ich eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch genügend und bezahlbare Kita-Plätze an. Ein weiteres Ziel ist die sichere Versorgung auf allen Ebenen und eine gute Erreichbarkeit der Ostschweiz, primär mit dem öffentlichen Verkehr. Dies lässt sich mit dem Ausbau der schnellen Verbindungen, der Stärkung des regionalen und grenzüberschreitenden ÖV und dem raschen Umbau der Energieversorgung auf erneuerbare Energien erreichen – immer mit genügend Bundesmitteln für die Ostschweiz. Ausserdem strebe ich die Stärkung des Standortes Ostschweiz im interregionalen Zusammenhang auch in der Grenzregion an. St.Gallen muss als Metropolitanraum anerkannt werden, damit Bundesmittel angezapft werden können.
Nennen Sie Ihre positivste und Ihre negativste Charaktereigenschaft.
Positivste: Ein gutes Einfühlungsvermögen, lösungsorientiert.
Negativste: Manchmal etwas zu ungeduldig.
Als was für einen Menschen würden Sie sich beschreiben?
Ich bin eine Kämpferin mit einem starken Gerechtigkeitssinn und viel Ausdauer. Dabei versuche ich auch immer im Dialog mit den verschiedenen Beteiligten Wege und gute Lösungen für die Menschen zu erreichen.
Susanne Vincenz-Stauffacher – FDP
Frau Vincenz-Stauffacher, was ist Ihr politisches «Steckenpferd» und liegt Ihnen besonders am Herzen?
Die Sicherheit in all ihren Facetten. Im engeren Sinn die Verteidigungsfähigkeit. Darum brauchen wir eine starke Armee. Im weiteren Sinn die Energieversorgungssicherheit. Und schliesslich die Arbeitsplatzsicherheit. Dafür brauchen unsere Unternehmen gute Rahmenbedingungen. So können Arbeitsplätze erhalten und angemessene Löhne bezahlt werden. Dazu gehören auch Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. So kann das noch ungenügend ausgeschöpfte Potenzial von Frauen besser abgeholt werden. Dies ist eine gute Massnahme gegen den Fachkräftemangel.
Wenn ich ein ganz spezifisches «Steckenpferd» nennen müsste: Die Energieversorgungssicherheit. Wir müssen den Ausbau der inlän-
dischen erneuerbaren Energien massiv beschleunigen. Damit werden wir unabhängiger vom Ausland. Gleichzeitig ist dies die Basis für die Erreichung des Klimaziels Netto-Null 2050.
Was war politisch Ihr grösster Erfolg?
Die Initiierung und Einreichung der Volksinitiative zur Einführung der zivilstandsunabhängigen Individualbesteuerung.
Was sind Ihre politischen Ziele und wie gedenken Sie, diese als potenzielle neue Ständerätin für den Kanton St.Gallen umzusetzen?
Mein erstes Ziel ist die Verbesserung der Erreichbarkeit der Region Ostschweiz. Die Attraktivität einer Region hängt massgebend von ihrer Erreichbarkeit ab. Ich setze mich deshalb für eine Verbesserung der Verkehrsinfrastrukturen ein, und zwar sowohl auf der Schiene, wie auch auf der Strasse – auch grenzüberschreitend. Mobilitätsformen sollen nicht gegeneinander ausgespielt werden, denn beide – öffentlicher Verkehr wie auch Individualverkehr – haben ihre Berechtigung.
Als zweites Ziel habe ich mir die Weiterentwicklung unserer Bildungs- und Forschungsinstitutionen vorgenommen. Wir haben hervorragende Bildungsinstitutionen auf verschiedenen Stufen sowie Entwicklungs- und Forschungsstellen. Diese müssen wir weiterentwickeln, wobei ich insbesondere auch die Berufsbildung im Blick habe. Speziell am Herzen liegt mir dabei die Verbindung von Wissenschaft und Praxis. Die Sicherung unserer Beziehungen zu Europa und anderen Handelspartnern weltweit ist mein drittes Ziel. Gesicherte Beziehungen zu Europa als unserem wichtigsten Handelspartner sind für unsere exportorientierten Unternehmen zentral. Dies gilt für uns als Grenzkanton ganz besonders. Die bilateralen Verträge müssen entsprechend weiterentwickelt werden, wobei ich als Massnahme zur Deblockierung den sogenannt «sektoriellen Ansatz» mit einzelnen Verhandlungspaketen als sinnvoll erachte.
Nennen Sie Ihre positivste und Ihre negativste Charaktereigenschaft.
Positivste: Lösungsorientiert
Negativste: Mein Mann sagt, ich sei manchmal etwas kompliziert…
Als was für einen Menschen würden Sie sich beschreiben?
Ich bin initiativ, übernehme gern Verantwortung und suche Lösungen. Dabei habe ich keine Scheuklappen und gehe offen auf andere zu. Es interessiert mich, was die Menschen bewegt.
Franziska Ryser – Die Grünen
Frau Ryser, was ist Ihr politisches «Steckenpferd» und liegt Ihnen besonders am Herzen?
Lösungen, die ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig sind. Denn wir müssen jetzt die Dekarbonisierung und den Umbau zu einer klimakompatiblen Wirtschaft und Gesellschaft angehen.
Was war politisch Ihr grösster Erfolg?
In den von Corona geprägten Jahren konnte ich zusammen mit anderen Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus der Wirtschaftskommission die Unterstützung von KMUs, Selbstständigen und Kulturschaffenden während der Pandemie sicherstellen. Neben dem Schutzschirm für Veranstaltungen haben wir erreicht, dass Angestellte mit tiefen Löhnen 100 Prozent Kurzarbeitsentschädigung erhalten und dass ein Erwerbsersatz ausbezahlt wurde, wenn Selbstständige nur noch einen Teil ihrer üblichen Umsätze realisieren konnten.
Was sind Ihre politischen Ziele und wie gedenken Sie, diese als potenzielle neue Ständerätin für den Kanton St.Gallen umzusetzen?
Ein Ziel von mir ist ein griffiger Klimaschutz und eine zeitnahe und sozial tragbare Anpassung an die Klimakrise. Dafür müssen wir unsere CO2-Emissionen reduzieren: Mit
zusätzlichen Gebäudesanierungen und dem Einbau von erneuerbaren Heizungssystemen, einem nachhaltigen Finanzplatz, einer Elektrifizierung des Verkehrs und einer ressourcenschonenden Landwirtschaft.
Gleichzeitig müssen wir unsere Stromversorgung sichern. Ein zweites Ziel von mir ist es deshalb, den Ausbau von erneuerbaren Energien voranzutreiben und den Stromverbrauch durch effizientere Geräte und weniger Verschwendung zu reduzieren.
Mein drittes Anliegen ist es, den Fachkräftemangel zu reduzieren, denn die Wirtschaft ist auf ausreichend gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen. Mit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf können wir unser inländisches Fachkräftepozential besser ausschöpfen: Ausreichend bezahlbare Krippenplätze, eine paritätische Elternzeit sowie besseren Teilzeitjob-Angeboten für Mütter und Väter sind dafür wichtige Schritte.
Als Vertreterin des Kantons St.Gallens ist es mir ein besonderes Anliegen, gute ÖV-Anbindungen in die verschiedenen Regionen des Kantons zu gewährleisten. Sowohl im nationalen Netz, beispielsweise mit einem Vollknoten in St.Gallen, als auch im internationalen Verkehr, beispielsweise mit einem grenzüberschreitenden Nahverkehr im Rheintal.
Nennen Sie Ihre positivste und Ihre negativste Charaktereigenschaft.
Ich bin eine Optimistin und sehe grundsätzlich lieber Chancen als mich über negative Auswirkungen zu ärgern. Hingegen könnte man mir anlasten, dass ich eine Perfektionistin bin und Unterlagen jeweils selbst lesen und verstehen muss, bevor ich mich dazu äussere.
Als was für einen Menschen würden Sie sich beschreiben?
Ich bin eine ehrliche Person, sowohl im Umgang mit anderen als auch mit mir selbst. In der Politik geht es mir nicht um meine eigenen Interessen, sondern ich versuche nach bestem Wissen und Gewissen die Lösungen zu finden, die den Menschen und der Umwelt zugutekommen.
Von Claudia Eugster.