Die Heidler SVP übt harsche Kritik am Gemeinderat und dessen Voranschlag
19.11.2020 00:00
Die SVP Ortsgruppe Heiden sagt, der Gemeinderat missachte das Finanzhaushaltsgesetz
Bereits Mitte August gelangte sich die SVP Vorderland Ortsgruppe Heiden mit einem Schreiben an den Heidler Gemeinderat. Damals verlangte die Ortspartei eine Verschiebung der Abstimmungsvorlage über die Umgestaltung des Bahn- und Bushofs. Der Grund war die unklare Finanzlage. Nun meldet sich die SVP erneut: Sie lehnt den Voranschlag 2021 ab. Begründung: Die Gemeinde gehe eine massive Verschuldung ein und missachte somit das Finanzhaushaltsgesetz. Der Gemeinderat wehrt sich dagegen.
Heiden Am 27. September entschied sich die Heidler Bevölkerung für den neuen Bahn- und Bushof beim Bahnhof. Kostenpunkt für die Gemeinde: rund dreieinhalb Millionen Franken.
Bereits vor der Abstimmung Mitte August gelangte die SVP Vorderland Ortsgruppe Heiden mit einem Schreiben an den Gemeinderat und die Bevölkerung. In diesem Schreiben verlangte die Ortspartei eine Verschiebung der Abstimmung. Der Grund: Die Bevölkerung stimme zum Abstimmungszeitpunkt über eine Vorlage ab, ohne die finanzielle Lage der Gemeinde, verbunden mit den Auswirkungen der Corona-Krise, zu kennen. «Der Gemeinderat muss sich bewusst sein«, schrieb damals die Ortspartei»dass ein Festhalten am Vorgehen aus finanzpolitischer Sicht unverantwortlich ist.» Doch die Warnrufe blieben aus Sicht der SVP unerhört ? die Bevölkerung sprach sich, nach Befürwortung des Gemeinderates, für das Projekt Bahn- und Bushof aus.
«Der Gemeinderat missachtet das Finanzhaushaltgesetz»
Anfang November dann veröffentlichte die Gemeinde den Voranschlag 2021. Darin steht, dass die Gemeinde mit einem Defizit von einer Million Franken rechnet. Ausserdem ist dem Aufgaben- und Finanzplan (AFP) zu entnehmen, dass für die Folgejahre 2022 bis 2024 ebenso Defizite von einer Million und mehr geplant sind.
Für die SVP Ortsgruppe Heiden ist dies zu viel des Guten: Diese wendet sich nun erneut an die Bevölkerung und den Gemeinderat. Die Ortspartei sagt: «Die SVP lehnt den Voranschlag 2021 ab!» Und die Gründe liefern die Bürgerlichen in der Medienmitteilung auch gleich mit. So kreidet die SVP dem Gemeinderat die Defizite bis ins Jahr 2024 an und das damit verbundene Entlastungsprogramm, welches der Gemeinderat der Bevölkerung versprochen habe. «Die getroffenen Massnahmen im Entlastungspaket sind aber massiv zu gering, um die finanzielle Situation beruhigen zu können», sagen die Bürgerlichen. Im Jahr 2021 werden so nur Einsparungen von gut 70 000 Franken umgesetzt. Der Effekt der geplanten Folgepakete des Entlastungsprogramms sei ebenso fraglich. Der Gemeinderat habe es verpasst, im ersten Paket relevante Massnahmen sofort und selbständig umzusetzen, um den Abwärtstrend zu brechen, so die SVP. Doch das grösste Problemder Gemeinde Heiden ist laut SVP die Verschuldung. Im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) ist der Nettoverschuldungsquotient im Voranschlag 2021 mit 222 Prozent und bis 2024 mit 334 Prozent geplant. Das Finanzhaushaltsgesetzt sieht ab dem Erreichen der Marke von 200 Prozent eine Intervention der Regierung vor. Aufgrund dieser Zahlen sagt die SVP Heiden: «Der vorgelegte Voranschlag 2021 und der AFP missachten in krasser Weise die Vorgaben des Finanzhaushaltsgesetz, werden zu einer Intervention des Regierungsrates führen und die Handlungsfähigkeit und Selbständigkeit der Gemeinde massiv einschränken. Eine solche Planung ist verantwortungslos».
Die SVP stört sich an der vorliegenden Intransparenz
Des Weiteren lehnt die Partei eine Steuererhöhung entschieden ab. Die Beseitigung der Defizite müsse zwingen aufwandsseitig mit relevanten Einsparungen erfolgen.Die Partei sagt, dass die Verschuldung nicht durch eine Steuererhöhung gelöst werden könne. Um die Last unter die vorgegebene Marke des Finanzhaushaltsgesetzes zu bringen, müsste diese 2024 um gut 22 Millionen Franken gesenkt werden. «Dies macht eine massive Reduktion der geplanten Investitionen notwendig», schreibt die SVP und greift den Gemeinderat weiter an: «Die vorherrschende Intransparenz ist extrem störend.» Das Erstellen des AFP wäre bereits seit einem Jahr gesetzlich vorgegeben gewesen. Dennoch präsentiere der Gemeinderat diesen erst jetzt und zudem noch nach der Abstimmung über das Millionenprojekt «Bahn- und Bushof». Details zu den einzelnen Massnahmen des Entlastungspakets fehlen komplett, die geplante Verschuldung ausserhalb der gesetzlichen Vorgaben werde im Abstimmungsedikt mit keinem Wort erwähnt, so die SVP abschliessend in ihrer Medienmitteilung.
Gemeinderat wehrt sich gegen Intransparenz-Vorwurf
Und der Heidler Gemeinderat? Dieser meldete sich am 13. November zu den Anschuldigungen der SVP Ortspartei. Es sei falsch, dass sie der Gemeinderat nicht transparent über den Verzehr des Eigenkapitals informiert und einen Voranschlag vorgelegt habe, der nicht den Vorgaben des Finanzhaushaltsgesetzes entspreche und sich weigere, gegen die drohende Überschuldung etwas zu unternehmen.
Viel eher treffe die Tatsache zu,dass der Gemeinderat im Edikt und auch an der öffentlichen Orientierungsversammlung (öOV) vom 10. November 2020 darauf hingewiesen hat, dass ohne Erhöhung des Steuerfusses das Eigenkapital bis Ende 2024 nahezu aufgebraucht sei. Der Jahresabschluss in den vergangenen Jahren fiel jeweils deutlich besser aus als prognostiziert. «Wenn sich das auch in den kommenden Jahren so fortsetzt,reduziert sich der Verzehr des Eigenkapitals deutlich», so der Gemeinderat. Ausserdem entspreche der Voranschlag allen Vorgaben des Finanzhaushaltsgesetztes (FHG). Erst wenn sich die Prognosen mit einer Verschuldung von über 200 Prozent in der Rechnung 2021 bestätigen sollten, dann müsste der Selbstfinanzierungsgrad im Voranschlag 2023 gemäss den Vorgaben des FHG bei 100 Prozent liegen. Des Weiteren strebe der Gemeinderat mit dem Entlastungsprogramm einen ausgeglichenen Voranschlag an. «Aufgrund der Unsicherheiten in Bezug auf Covid-19 gilt es jedoch, nicht überzureagieren und abzuwarten, wie sich die Fiskalerträge im 2020 und 2021 entwickeln», so der Gemeinderat in der Stellungsnahme.
Von Marino Walser